Von Rittern und Papiermangel
Am 04.10.1922 machte sich dieser Beleg portorichtig frankiert mit 2x Mi 140 (5Pf) auf den Weg zur Leipziger Bienenzeitung. Soweit nichts Besonderes. Solche Frankaturen gibt es zuhauf. Warum beschreibe ich ihn dennoch?
In der Infla-Zeit herrschte gravierender Papiermangel, es musste ja sogar Papierzuschlag gezahlt werden. Das Papier der Briefmarken war ebenso miserabel wie die Kuverts auf die sie geklebt wurden. Deswegen findet man in der Zeit um 1922/1923 auch sehr viele wiederverwendete Briefumschläge. Sogar ausgediente Karten wurden zu Briefumschlägen zusammengebastelt. Im Prinzip alles, was irgendwie nach Papier aussah. So auch dieses Kuvert.
Oben links, unter dem großen verzierten Rechteck, kann man was entziffern(ich hab für euch mal am Regler gedreht):
KNIGHTS OF COLUMBUS darunter etwas kleiner ARMY OF OCCUPATION
Wer war das?
Wikipedia sagt dazu:
„Die Kolumbusritter (englisch Knights of Columbus) sind weltweit eine der größten römisch-katholischen Laienvereinigungen für Männer. Die Vereinigung mit Sitz in New Haven, Connecticut wurde im Jahr 1882 in den Vereinigten Staaten gegründet und ist nach dem Seefahrer und Entdecker Christoph Kolumbus benannt.“
Okay, aber was machten die im ersten Weltkrieg in Deutschland?
Als die USA 1917 in den ersten Weltkrieg einstiegen, beschlossen die K of C -so die Abkürzung- Hilfseinrichtungen und Wohlfahrtszentren nahe der Front zu errichten. Sie boten einen Ruhepol zur Erholung und „Freizeit und spirituellen Komfort“ für die Truppen, unabhängig der Glaubensrichtung oder Herkunft. Vom Papst wurden sie für ihre guten Taten im Krieg hoch gelobt, in den Jahren zwischen 1917 und 1923 traten etwa 400000 Männer dem Orden bei.
Aus dieser Zeit stammt dieser Briefumschlag.
Hinter den beiden Briefmarken sieht man in der Durchleuchtung noch „Soldiers Mail“, also Soldatenpost. Feldpost war für die Truppen ja frei. Dieser Vermerk wurde einfach mit den Marken unsichtbar gemacht.
Die Knights of Columbus gibt es heute noch. Sie vertreten die Grundsätze der römisch-katholischen Kirche.



Hier finden Sie mehr über die Knights of Columbus
https://de.wikipedia.org/wiki/Kolumbusritter
https://www.kofc.org/en//index.html
Immer einen Schritt weiter…
…war die Adressatin dieses Briefs.
Am 17.01.1901 in Dresden portorichtig mit der Mi 55 (5Pf) aufgegeben an Frau Marie Eckhardt, wohnhaft in der Schnurrstraße 22 in Dresden, fand der Brief jedoch nicht seine Empfängerin.
Es scheint, als sei sie immer etwas schneller gewesen als die damalige Post.
Auf der Rückseite findet sich ein Vermerk „Jetzt in Heidenau“, und dahin ging es auch direkt, wie der Stempelabschlag von Heidenau vom 18.01.1901 belegt.
Doch dort war Frau Eckhardt auch bereits nicht mehr anzutreffen. So ging die Reise weiter. Vorderseitig liest sich „18,, nachges: München“. Also ab nach München.
In München wurde der Brief an Frau Eckhardt am 19.01.1901 bearbeitet. Der Bearbeitungstempel zeigt dies eindeutig. Doch auch dort war die Adressatin nicht.
Vorderseitig wieder ein Vermerk „19/T Genua“.
Genua/Genova – Italien. Also gut, dann nach Italien! Der Brief kam am 20.01.1901 in Genova an.
Dort wurde dann aber Nachporto fällig! 20 Centisimi per favore!
Nun ging in Genova die Suche nach Marie Eckhardt los. Leider auch ohne Erfolg. Auf der Rückseite prangen zwei Stempel: „Sconociuto ai Portaletter“ – „Den Postboten unbekannt“ und „Destinaire inconno“ – „Unbekanntes Ziel“. Damit war das weitere Schicksal des Briefes besiegelt. Bereits am nächsten Tag ging es wieder „retour“, wie auf der Vorderseite und am Stempelabschlag aus Genova zu erkennen ist.
In die Heimat brauchte der Brief allerdings ziemlich lange. Erst am 01.04.1901 kam er wieder in Dresden an.
Und der Absender, die Creditanstalt, mußte auch noch 25Pf Nachporto berappen.


(Danke an Yvonne Berger für diesen Beitrag)
Kleine Insel ganz groß!

Lundy, 4,5km lang, 1km breit mit einer Fläche von etwa 4,25 Quadratkilometer. Ganze 28 Einwohner und dennoch die größte Insel im Bristolkanal. Die britische Insel liegt etwa 18km nördlich der Küste von Cornwall.
Lundy hat eine lange Geschichte, die Insel gehörte einst den Kreuzrittern.
Für uns reicht es aber, wenn wir das überspringen und ins Jahr 1924/25 hüpfen.
Da nämlich kaufte Martin Coles Harman die Insel. Er ließ sich sogar zum König von Lundy krönen und brachte eine eigene Währung raus. Man bezahlte ab sofort mit Puffins. Auf Deutsch Papageientaucher!
Im Jahr 1927 verlor die englische Post das Interesse am Postamt auf Lundy, was dazu führte das die Insel plötzlich kein Postamt mehr hatte. Also brachte Harman
am 1. November 1929 die erste Lundy-Marke in den Verkehr.
Währung? Richtig! Puffins!
Von den kleinen, possierlichen Vögeln mit dem hübschen Gesicht leben schließlich einige hundert mehr auf der Insel als Menschen. Und die Einwohner mögen ihre Puffins, was also lag näher als sie zum Namen der Währung zu machen.
Leider mochten die Briten das Gehabe des Königs von Lundy gar nicht und brummten ihm eine Strafe auf, 5 Pfund musste er bezahlen.
Und seine Briefmarken werden bis heute nicht akzeptiert.
Dabei sind sie wirklich hübsch und es werden auch immer noch welche verausgabt.
Die Marken erfreuen sich großer Beliebtheit und werden auf der ganzen Welt gesammelt. Es gibt sogar einen „Briefmarkenverein“ auf der Insel.
Das (nichtamliche) „Postamt“ auf Lundy frankiert einfach trotzdem mit ihren Marken. Das dürfen sie auch, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen:
Auf Postkarten müssen die Marken links geklebt, auf Briefen rückseitig angebracht werden. Der eigene Stempel darf auch benutzt werden. Bis zum nächstgelegenen amtlichen Postamt in Bidefort sind die Sendungen gültig, dort muss für die (inter)nationale Gültigkeit jedoch mit den amtlichen (offiziellen) Briefmarken Großbritanniens zusätzlich frankiert werden.
Das die Briefmarken nicht amtlich anerkannt sind merkt man auch daran, das es keinen Katalog für sie gibt. Im Michel Europa Band 6 wird nur ganz kurz auf sie eingegangen. Dort ist zu lesen, Zitat:
„Die Nachstehend in einigen Mustern gezeigten Lokalmarken sind mit amtlicher Genehmigung von den privaten Eigentümern der Inseln für den Postverkehr auf den Inseln und bis zum Festland ausgegeben worden. Sie dürfen in der Regel nur auf den Rückseiten der Briefe angebracht werden. In Großbritannien und im Auslandspostverkehr haben die Marken keine Frankaturkraft.“
Lundy wäre aber auch irgendwie nicht Lundy, hätten die Bewohner dafür keine Lösung gefunden .
Wie oben schon erwähnt, haben sie einen eigenen Sammlerverein. Den „Lundy Collectors Club“. Der hat einen eigenen Katalog der Briefmarken heraus gegeben!
Man kann sogar dort Mitglied werden und erhält dann drei Mal im Jahr das „New Puffin Journal“, welches Infos zu verschieden Themen für alle „Lundyphilen“ enthält. Und natürlich auch zu den Marken.


Link zum Lundy Collectors Club
https://lundycollectorsclub.weebly.com/
(Danke an Yvonne Berger für diesen Beitrag)
