Ansichtskarten

Nordischer Glanz in Niedersachsen


„Etwas, von dem man vielleicht noch nie gehört hat, das man aber unbedingt einmal
gesehen haben sollte…“ Diese Aussage transportiert die abgebildete Agfa- Fotopostkarte, die
zwecks Werbung zur Tourismusförderung in den 70er Jahren im Harz entstanden ist und
vertrieben wurde.
Sie zeigt die für das mitteleuropäische Auge ungewöhnliche und durch ihre Andersartigkeit
seltsam faszinierende Gustav- Adolf- Kirche der Gemeinde des Goslarer Stadtteils
Hahnenklee- Bockswiese im Oberharz.
Die Geschichte des im Stile der altskandinavischen „Stabkirchen“ erbauten Gotteshauses
begann kurz nach 1900, als die verfügbaren Sitzplätze des alten Betsaals durch den
anwachsenden Fremdenverkehr und die zahlreichen Kurgäste dem gestiegenen
Sitzplatzbedarf nicht mehr gerecht werden konnten.
So beauftragte man Konsistorialarchitekt Karl Mohrmann /Hannover mit dem Entwurf und
Bau einer neuen Kirche, die ausreichend Platz bot und sich angemessen in die Harzer
Landschaft einfügte. Daraufhin legte dieser seinen Vorschlag einer freien Nachbildung der
Stabkirche von Borgund/ Laerdal in Norwegen vor, die er auf einer Studienreise
kennengelernt und gezeichnet hatte. Mohrmanns Begründung für den Entwurf: „Stabkirchen
standen zu Zeiten der Christianisierung im gesamten norddeutschen Raum und deshalb ist
dieser Baustil auch hier heimisch gewesen.“
Gesagt, getan- 1907 begannen die Arbeiten durch Hahnenkleer Handwerker am 350
Sitzplätze umfassenden Projekt, das wie die rund 1000 Jahre alten Originale aus
Skandinavien, lediglich aus Holz erbaut werden und in seiner Grundkonstruktion nur durch
Nut und Spund gehalten werden sollte. Bereits am 28. Juni 1908 wurde die „Gustav- Adolf-
Kirche“ schließlich geweiht und der Öffentlichkeit für Gebet und Betrachtung zugänglich
gemacht… und die Betrachtung lohnt sich für den Kulturinteressierten noch heute, da diese
oberharzer Adaption der ursprünglich wikingischen „Stilverwendung“ neben wenigen
Ausnahmen europaweit einzigartig ist und durch ihre zahlreichen Parallelen zum Schiffsbau
sowie der konsequenten Verwendung heidnischer Symbole eine horizonterweiternde
Alternative zum üblichen sakralarchitekturstilistischen Einheitsbrei darstellt!
Mit anderen Worten: Die Aussage der Postkarte verspricht nicht zu viel und hat in
Verbindung mit dem Bild evtl. bei dem ein oder anderen ihren Zweck erfüllt… einen Anreiz
bieten, sich die schwarz- weiße Abbildung einmal in Farbe und Originalgröße anzusehen.
(Danke an Jan Thomas für diesen Beitrag)